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Michael Koser

Neulich Nacht hat Professor van Dusen mich besucht. Ohne anzuklopfen, betrat er mein Schlafzimmer, schritt, ohne zu grüßen, zum Bett, setzte sich auf die Kante, ohne meine Aufforderung abzuwarten, und sah mich nicht eben freundlich an.

"Aus gut unterrichteten Kreisen", begann er, "ließ man meiner Person die Information zukommen, Sie, mein lieber Koser, besäßen die Unverfrorenheit, mir einen neuen Fall andichten zu wollen. Ist es an dem?"

"Nun ja..." Was sollte ich sagen? "Eigentlich war es nicht meine Idee. Ihre zahlreichen Fans, Professor -" "Reden Sie sich nicht heraus. Sie, mein lieber Koser, sind mein Sachwalter, mein, wenn Sie so wollen, Stellvertreter auf Erden. Sie sind der Autor, Sie dokumentieren meine gelegentlichen Exkursionen in die pittoresken Regionen der Kriminologie." "Amateur-Kriminologie!" verbesserte ich automatisch. "Sagen Sie mal, Professor, was haben Sie eigentlich gegen einen neuen Fall?" "Was ich dagegen habe? Alles, mein lieber Koser! Meine Erfolge auf kriminologischem Gebiet, mögen sie auch zu vernachlässigen sein angesichts meiner wissenschaftlichen Leistungen, stehen dennoch für sich als eine nicht unverächtliche Schöpfung, symmetrisch, abgerundet, quasi eine vollendete Sinfonie in 77 Sätzen oder auch ein 'Denkmal, dauerhafter denn Erz'. Horaz - Sie werden ihn nicht kennen." "Oh doch, Professor. Immerhin bin ich humanistisch gebildet." "Was Sie nicht sagen, mein lieber Koser. Und eine solch perfekte Konstruktion, ein Gebäude von solch gelungenen Proportionen wollen Sie durch einen stillosen Anbau verunstalten? Unmöglich! "Ein berühmter Mann hat mal gesagt: Nichts ist unmöglich!" "Mein lieber Koser, Sie spalten Haare. Lassen Sie es sich gesagt sein: Es gibt nichts mehr zu berichten. Nehmen Sie Abstand vom geplanten allerletzten Fall der Denkmaschine. Ich, Professor Doktor Doktor Doktor Augustus van Dusen, Wissenschaftler von Weltruf und nicht minder renommierter Amateur Kriminologe, bestehe darauf!"

Damit verschwand er. Er versank nicht in den Boden, er schwebte nach oben, durch die Zimmerdecke...

Also: Ich habe mich entschlossen, keinen weiteren Van-DusenFall zu schreiben, der großen Saga keinen Nachkömmling hinterherzuschicken. Die Abenteuer der Denkmaschine sind für mich ein abgeschlossenes Kapitel. Der 77., der "größte" Fall, zu dem ich mich vor Jahren habe überreden lassen, ist der endgültig letzte. Das ist mir jetzt klar geworden. Es tut mir leid für die Fans, die es anders wollten und ihren Wunsch durch eine Spenden- und Sammel-Aktion (die nicht von mir initiiert wurde und die ich distanziert, wenn auch angerührt, begleitet habe) Nachdruck verliehen haben. Ich hätte ihnen wirklich gern die Freude gemacht, ich habe es versucht es geht nicht. Professor van Dusen will einfach nicht noch einmal auftreten. Das muß ich akzeptieren. Ich hoffe, die Fans können es auch.

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